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Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands

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Die Bildung einer Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands -hier für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen- setzt u.a. voraus, dass der Steuerpflichtige zur Betreuung der Versicherungen rechtlich verpflichtet ist. Bei einem Versicherungsmakler kommt als möglicher Rechtsgrund hierfür der Maklervertrag in Betracht. Einen für einen Versicherungsmakler tätigen Handelsvertreter, der nicht selbst Vertragspartner der Maklerverträge wird, trifft aus diesen Maklerverträgen keine solche Nachbetreuungsverpflichtung.

Nach § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind für ungewisse Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften Rückstellungen zu bilden. Zwar dürfen Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft in der Bilanz grundsätzlich nicht ausgewiesen werden. Ein Bilanzausweis ist u.a. aber dann geboten, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört ist. Es entspricht gefestigter BFH-Rechtsprechung, dass eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands zu bilden ist, wenn ein Versicherungsvertreter die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrags erhält. Ein Erfüllungsrückstand setzt hiernach voraus, dass der Steuerpflichtige zur Betreuung der Versicherungen rechtlich verpflichtet ist. Leistungen, die ohne Rechtspflicht erbracht werden, sind für die Bemessung der Rückstellung irrelevant.

Nach diesen Grundsätzen kommt im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall -auch wenn der Unternehmer kein Versicherungsvertreter sein sollte- die Bildung einer Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands in Betracht. Insbesondere greift der Einwand des Finanzamt nicht durch, die Bildung einer Rückstellung sei wegen Unwesentlichkeit der Verpflichtung ausgeschlossen. Der III. Senat des Bundesfinanzhofs schließt sich insoweit der Rechtsauffassung des X. Senat des Bundesfinanzhofs an, wonach es keine Rechtsgrundlage für eine solche Annahme gibt.

Der Versicherungsmakler tritt -im Gegensatz zum Handelsvertreter bzw. Versicherungsvertreter- in eigene vertragliche Beziehungen zum Kunden (Versicherungsnehmer).

Den Vertragsparteien eines Maklervertrags i.S. des § 93 HGB steht es frei, ausdrücklich eine Betreuungspflicht des Versicherungsmaklers zu vereinbaren. Eine solche lässt sich für den Unternehmer jedoch nicht allein aus dem beispielhaft vorgelegten Maklervertrag ableiten, auf den das Finanzgericht Bezug genommen hat. In diesem Vertrag wird einleitend von einer Vereinbarung zwischen den Kunden und der AG gesprochen. Der Vertrag ist vom Unternehmer als “Berater” der AG unterschrieben. Dies alles deutet darauf hin, dass die AG -offensichtlich eine Versicherungsmaklerin- bei Vertragsschluss von dem Unternehmer als “Berater” vertreten wird. Im Übrigen entspricht die Annahme eines Tätigwerdens des Unternehmers im Namen der AG seiner Rechtsstellung als Handelsvertreter (vgl. § 84 Abs. 1 HGB). Danach tritt im Außenverhältnis zum Kunden die AG als Vertragspartner auf. Es kann daher dahinstehen, ob mit der in dem Maklervertrag enthaltenen Formulierung, dass gegenüber dem Kunden die Betreuung des Versicherungsvertrages übernommen wird, eine konkrete Nachbetreuungspflicht begründet wird.

Ebenso bedarf die Frage keiner Klärung, ob ein Versicherungsmakler auch ohne ausdrückliche Vereinbarung im Maklervertrag zur Nachbetreuung der vermittelten Verträge gegenüber dem Kunden verpflichtet ist, weil als Rechtsgrund einer solchen “ungeschriebenen” Pflicht wiederum nur der Maklervertrag in Betracht kommt.

So qualifiziert die herrschende Meinung im zivilrechtlichen Fachschrifttum den Maklervertrag als einen Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), der ein Dauerschuldverhältnis begründet und den Makler -auch ohne ausdrückliche Vereinbarung- verpflichtet, den vermittelten Versicherungsvertrag weiter zu betreuen. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Denn der BGH leitet die umfassende -möglicherweise eine Nachbetreuungspflicht umfassende- Pflichtenstellung eines Versicherungsmaklers gegenüber dem Versicherungsnehmer ebenfalls aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Makler und Versicherungsnehmer ab.

Schließlich ist vorliegend nicht ersichtlich, dass der Unternehmer kraft Gesetzes gegenüber den Versicherungsnehmern zur Nachbetreuung der vermittelten Versicherungsverträge verpflichtet ist.

Dabei kann dahinstehen, ob der Handelsvertreter eines Versicherungsmaklers -im Streitfall ggf. der Unternehmer als Handelsvertreter der AG- für Zwecke der Anwendung der §§ 42 ff. des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) i.d.F. des Gesetzes zur Neuregelung des Versicherungsvermittlungsrechts vom 19.12 2006 -VVG 2007- bzw. der an ihre Stelle getretenen §§ 59 ff. VVG i.d.F. des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23.11.2007 -VVG 2008- im Verhältnis zum Versicherungsnehmer selbst als Versicherungsmakler zu qualifizieren ist. Ein Eingehen hierauf erübrigt sich, weil die in §§ 60 bis 62 VVG 2008 normierten Pflichten des Versicherungsmaklers keine nachlaufende Betreuungspflicht, sondern Mitteilungs, Beratungs- und Dokumentationspflichten in der Vermittlungsphase betreffen. Abgesehen davon kommen die genannten Vorschriften im Streitjahr 2005 ohnehin noch nicht zum Tragen, weil sie erst am 22.05.2007 (vgl. Art. 4 Satz 3 des Gesetzes vom 19.12 2006, BGBl I 2006, 3232) bzw. am 1.01.2008 (vgl. Art. 12 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes vom 23.11.2007, BGBl I 2007, 2631) in Kraft getreten und auf sog. Altverträge im Grundsatz erst ab 1.01.2009 anwendbar sind (vgl. Art. 1 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Versicherungsvertragsgesetz; dazu auch Langheid/Wandt/Looschelders, Münchner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, Art. 1 EGVVG Rz 1, 3, 9 f.; Schneider, VersR 2008, 859).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 34d GewO. Diese im Streitjahr ebenfalls noch nicht anwendbare Vorschrift regelt keine nachlaufende Betreuungspflicht, sondern eine berufsrechtliche Erlaubnispflicht.

Bei Prüfung der Frage, ob der Unternehmer als Handelsvertreter gegenüber der AG zur nachlaufenden Betreuung der in Rede stehenden Verträge verpflichtet ist, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass offensichtlich eine mehrstufige -(zumindest) aus der AG, ihren Geschäftsstellen und den Handelsvertretern bestehende- Vertriebsstruktur gegeben ist. Demnach kommen im Streitfall für die Erfüllung möglicher nachlaufender Betreuungspflichten verschiedene Ebenen (AG, Geschäftsstellen, Handelsvertreter)f in Betracht.

Weiter bleibt zu beachten, dass der Unternehmer nach Aktenlage für bestimmte Lebensversicherungsverträge offensichtlich Folgeprovisionen erhält. Für den Bundesfinanzhof ist nicht ersichtlich, weshalb auch insoweit die Bildung einer Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands in Betracht kommen soll. Vielmehr stünde der Anspruch auf Folgeprovisionen einer solchen Rückstellungsbildung entgegen, weil es insoweit an einer (vollständig) erbrachten Vorleistung des Vertragspartners (AG) fehlte.

Sollte sich ergeben, dass der Unternehmer aufgrund seines Rechtsverhältnisses zur AG dem Grunde nach zur Bildung einer Rückstellung verpflichtet ist, sind hinsichtlich der Höhe der Rückstellung die Grundsätze zu beachten, die der X. Senat des Bundesfinanzhofs aufgestellt hat. Danach muss der Unternehmer nach Maßgabe der in diesen Entscheidungen dargelegten Grundsätze Aufzeichnungen führen und vorlegen. Die bisherigen Aufzeichnungen des Unternehmers über einzelne Kundenkontakte für den Zeitraum November 2009 bis Januar 2010 werden den dargelegten Anforderungen offensichtlich nicht gerecht.

Sollte der Unternehmer nicht in der Lage sein, solche Aufzeichnungen vorzulegen, führt dies nicht zwangsläufig dazu, dass die Bildung einer Rückstellung gänzlich zu unterbleiben hat. Liegen nämlich die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung dem Grunde nach vor, ist der tatsächliche Umfang der Nachbetreuungsleistungen erst für die konkrete Bemessung der Höhe der Rückstellung von deutung. Für diesen Fall hat das Finanzgericht den künftigen Betreuungsaufwand aufgrund der Verhältnisse im Betrieb des Unternehmers erneut zu schätzen. Eine solche Schätzung des -nicht durch die geforderten substantiierten Aufzeichnungen belegten- Umfangs der Betreuungsleistungen durch das Finanzgericht muss sich im Hinblick auf die den Steuerpflichtigen treffende Darlegungs- und Beweislast aber im unteren Rahmen bewegen.

Schließlich bleibt anzumerken, dass eine ggf. zu bildende Rückstellung -im Streitfall eine solche nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG- nach dem vom Finanzgericht herangezogenen BMF, Schreiben nicht nach Tabelle 3, sondern nach Tabelle 2 abzuzinsen ist. Wegen des maßgeblichen Abzinsungszeitraums (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG) verweist der Bundesfinanzhof auf die Ausführungen in dem Urteil in DStR 2014, 840.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 27. Februar 2014 – III R 14/11


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